7. Februar 2023

Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD), www.tchrd.org

China verbietet buddhistische Flaggen bei tibetischer Neujahrsveranstaltung, verhaftet Organisatoren und verhängt Geldstrafen

Die chinesischen Behörden haben einen tibetischen Universitätsstudenten festgenommen und wegen der Durchführung einer Losar-Feier (Neujahr), bei der die Bühne mit buddhistischen Fahnen statt mit chinesischen geschmückt war, mit einer Geldstrafe belegt.

Informationen, die das TCHRD erhalten hat, bestätigen, daß Gephel am Abend des 24. Januar in seinem Haus in der Gemeinde Muge im Kreis Zungchu (chin. Songpan) des Bezirks Ngaba (chin. Aba), der Autonomen Tibetischen und Qiang Präfektur Ngaba in der Provinz Sichuan (in der tibetischen Provinz Amdo) festgenommen wurde.

Losar-Neujahrsfeier in Muge, tibetische Provinz Amdo


Am Nachmittag des 26. Januar wurde er wieder freigelassen, aber mit einer Geldstrafe von 50.000 Yuan belegt und aufgefordert, jede Woche den Unterricht zur „politischen Erziehung“ zu besuchen.

Die tibetischen Universitätsstudenten in Muge veranstalten diese Show gewöhnlich am dritten Tag des tibetischen „Sonam Losar“, das in Teilen Tibets und in den buddhistischen Gemeinschaften in der Himalaya-Region gefeiert wird.

Als Hauptorganisator der Feier wurde Gephel für „Aktivitäten, die auf die Spaltung der chinesischen Nation abzielen“, verantwortlich gemacht. Bei dem Verhör im Polizeigewahrsam wurde er beschuldigt, durch das Zeigen der buddhistischen Flagge, die nach Ansicht der Behörden mit der tibetischen Nationalflagge identisch sei, gegen das geltende Gesetz verstoßen zu haben. Er erklärte den Beamten, daß die buddhistische Flagge die universellen Werte des Friedens, des Mitgefühls und der Weisheit symbolisiere und nichts mit Politik oder der Spaltung der Nation zu tun habe.

Gephel wurde angewiesen, an den wöchentlichen politischen Schulungen teilzunehmen, nachdem er sich geweigert hatte, einige der von der Polizei auferlegten Bedingungen zu akzeptieren, wie etwa die Pflicht zur Verwendung chinesischer Flaggen und zum Gebrauch der chinesischen Sprache durch die Moderatoren bei solchen Veranstaltungen in Zukunft.

Außerdem wurde ihm eine hohe Geldstrafe aufgebrummt, weil er bei der Neujahrsfeier bestimmte Auflagen nicht eingehalten hatte, etwa die Forderung, am Veranstaltungsort nur chinesische Flaggen aufzustecken, und keine tibetischen Schriftzüge zur Dekoration des Veranstaltungsortes zu verwenden.

Darüber hinaus waren alle Lieder und Tänze in tibetischer Sprache und es fehlten die Propagandalieder, in denen die Partei oder die chinesische Regierung gelobt wird.

Eine Quelle mit Kontakten in Tibet sagte dem TCHRD, daß die Forderung nach der Verwendung der chinesischen Sprache bei solchen Veranstaltungen „absurd“ sei, weil die Mehrheit des Publikums tibetische Nomaden sind, die die chinesische Sprache nicht verstehen.
Die buddhistische Flagge wurde im späten 19. Jahrhundert als universelles Symbol des Buddhismus entworfen.

Buddhistische Flagge

Die buddhistische Flagge, die von Buddhisten auf der ganzen Welt verwendet wird, ist eine rechteckige Flagge mit sechs vertikalen Streifen. Die ersten fünf farbigen Streifen stehen für buddhistische Werte und Praktiken wie universeller Frieden und Mitgefühl (blau), den Mittleren Weg zur Vermeidung von Extremen als Schlüssel zur spirituellen Verwirklichung (gelb), die Segnungen, die das Praktizieren des Glaubens mit sich bringt (rot), die Reinheit der Lehre Buddhas und die Befreiung, die sie bringt (weiß), und die Weisheit von Buddhas Lehre (orange). Der letzte Streifen, der alle Farben vereint, steht für die Kombination aller Tugenden in einem einzigen Wesen.

Das TCHRD verurteilt das willkürliche und ungesetzliche Vorgehen der chinesischen Behörden im Kreis Zungchu aufs Schärfste. Durch das Verbot der Verwendung buddhistischer Flaggen bei öffentlichen Versammlungen verletzten sie das Recht auf das Bekenntnis zu seiner Religion oder seinem Glauben, was bei weitem der umfassendste und wertvollste Aspekt der Freiheit der Religion und Weltanschauung ist. Sowohl Artikel 18(1) des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte als auch Artikel 1, Absatz 1 der UN-Erklärung über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und der Diskriminierung aufgrund von Religion oder Weltanschauung beinhalten das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit sowie „das Recht, entweder einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen seine Religion oder Weltanschauung öffentlich oder privat durch Gottesdienste, Rituale, Praxis und Lehre zu bekunden“.

Die Tibeter zu zwingen, bei öffentlichen Versammlungen Chinesisch zu sprechen, verstößt sowohl gegen innerstaatliche Rechtsvorschriften als auch gegen internationale Menschenrechtsnormen. Die Sprache ist ein wesentlicher Bestandteil der kulturellen Identität und der religiösen Praktiken einer Person. Die Beschränkungen, die den Tibetern den Gebrauch ihrer Muttersprache verbieten, versagen es ihnen somit, ihre Identität, die sie von der Mehrheit der Han-Chinesen unterscheidet, zu bewahren. Als Träger der tibetischen Kultur und entscheidender Bestandteil des Studiums und der Praxis des tibetischen Buddhismus, ist die tibetische Sprache von zentraler Bedeutung für die Bewahrung der kulturellen Identität der Tibeter.